Singen im Kriege (1915)
Schulgesang und Volksgesang
Rich. Meissner, Oberlehrer (Wurzen) (in: Die Stimme - Zentralblatt für Stimm- und Tonbildung, Gesangunterricht und Stimmhygiene, Jg. 1915/16. H. 6, März. 1916, S. 177 - 179)
Die Überschrift verbietet, zu berichten von den rührenden Szenen, wenn die Mädchen im festlichen Kleide unter Führung der Schwestern von Zimmer zu Zimmer, von Bett zu Bett wandern, um die Kranken mit Liebesgaben zu erfreuen. Mit Ostern 1915 trat eine Verkürzung des Unterrichts ein, die sich namentlich in den Oberklassen fühlbar machte und den Gesangunterricht erschwerte. Geleitet von der Überzeugung, daß der Gesang in erster Linie mit berufen ist, die Eindrücke und Stimmungen durch das Lied zu vertiefen, habe ich bei Übernahme der neuen Klasse vor allen Dingen die vorgeschriebenen Heimat-, Vaterlands- unn Soldatenlieder geübt und danach den Liedstoff nach eigener Wahl erweitert, so stand mir bei Aufstellung von Vortragsordnungen für die Schulfeiern, wie Bismarcks 100. und Königs 50. Geburtstag, und bei Aufführungen in den Lazaretten eine genügende Auswahl zur Verfügung.
Um wünschenswerte Abwechslung bei den Darbietungen für die Verwundeten zu bringen, wurde das gesprochene Wort eingeflochten; so hat der Militärpfarrer schon oft und zu Hindenburgs Geburtstag ein am Ort wohnender Landstagsabgeordneter bei den Gesangsaufführungen vaterländische Ansprachen gehalten. Die beifällige Annahme eines heiteren Liedes bestärkte mich in der Absicht, den Verwundeten einmal nur Scherzlieder vorzusingen, und dieser wiederholt gelungene Versuch ermutigt mich, auch in Zukunft das heitere Lied zu betonen. Die armen Kranken, die Tag für Tag ans Bett gefesselt sind, bedürfen der Abwechslung und sind dankbar für jeden Sonnenstrahl der Freude ….
Auf Wunsch der Verwundeten habe ich wiederholt gesungen: “ Der kleine Rekrut“ von Kücken, Suldaten (plattdeutsch) von Dudelbostel, “ Wie es in der Mühl aussieht „, “ Mein Mützchen schön schwarz “ und “ Drei süße kleine Dirnen “ von Reinecke . „Die lustige Sieben“ von Freudenberg, die Volksweisen: „Mauskätzchen“, „Mairegen“, „Nachtigall“ und „Frosch“, „Der Schimmelreiter“, „Der Rußbuttenbu“ (Vogtland), „Pappelmäulchen“ (Elsaß), „Rätsel“ (Niederrhein), „Jagdabenteuer“ (Rheinland) u.a. Ein Lazarett beherbergt die Landeskinder aus den verschiedensten Gegenden Deutschlands. Wie freut sich der einzelne, wenn heimatliches Lied gesungen wird! Das plattdeutsche „Suldatenlied“ erregte z. B. das hellste Entzücken eines Norddeutschen. Für die zu erhoffende Friedensfeier habe ich mir schon lange, leider bis jetzt vergeblich, zurechtgelegt: „Holder Friede“ von Romberg für dreistimmigen Chor mit Zweigesang, bearbeitet von M. Vogel, „Rauschet ihr Eichen“ Waffentanz von Kreutzer mit unterlegtem Text u.a.
Volksmusik: Lied und Erster Weltkrieg
Liederzeit: 1914-1918 Erster Weltkrieg
Schlagwort: Frosch • Heimat • Heiter • Nachtigall • Ostern • Schule • Schwestern • Sedantag
Ort: Antwerpen, Elsaß, Niederrhein, Polen, Prag, Rhein, Sedan, Wurzen
Siehe dazu auch:
- Aufruf zur Gründung von Kriegsschulmuseen (1915) ()
- Berliner Jungen ()
- Besonders schöne deutsche Innigkeit (1915) ()
- Das deutsche Lied an der Front (Allgemein)
- Der Krieg in Trupermoor (1914) ()
- Deutscher rede Deutsch ()
- Die Tiere als Soldaten ()
- Eine Massenmobilmachung der Reimpaare (1914) ()
- Für ihn lassen wir Gut und Blut – Deutschland 1914 ()
- Ich hatt einen Kameraden (1916 , In der Heimat….) ()
- Ich hatt einen Kameraden (1918) ()
- Im Gesang vergißt das Kind, das Krieg ist ()