Julius Otto: Das treue deutsche Herz
Ehrenkranz für einen Liedertafel-Vater
Am erstgenannten Tage, an welchem vor fünfundzwanzig Jahren der junge Julius Otto in Pirna zur Erde bestattet worden war, fand in den städtischen Anlagen daselbst im Beisein vieler Deputationen und Sängervereine die Enthüllung des in edlem Styl ausgeführten, mit einem sehr ähnlichen Relief- Portrait des Dichterjünglings geschmückten Denkmals desselben statt. Hofrath Dr. Julius Pabst aus Dresden hielt die Festrede; nach dem Schlußworte derselben: „So falle denn, verhüllender Schleier, und offenbare, wie deutsche Sänger ihre Dichter ehren“, flossen Thränen über die Wangen des greisen Vaters im Anblicke der wohlgetroffenen Züge des längst heimgegangenen Sohnes und Schaffensgenossen. Auch General-Musikdirector Dr. Julius Rietz ehrte die erhebende Feier durch seine Gegenwart.
Am 30. December 1875 fand aus Anlaß von Otto’s Rücktritt von seinen Aemtern im „Belvedere“ der Brühl’schen Terrasse in Dresden ein solennes Festmahl statt, bei welchem der Gefeierte mit dem von seinem Könige ihm verliehenen Ritterkreuz erster Classe vom Albrechtsorden erschien. Mit Jugendfrische dirigirte er unter Anderen sein von sämmtlichen anwesenden Sängern trefflich gesungenes Lied vom treuen deutschen Herzen. Ein großartiges Fackelständchen vor seiner Wohnung war diesem Feste vorangegangen. Der jetzt bestehende große „Julius-Otto-Bund“ dankt jenen Tagen seine Begründung.
In den grünen und blühenden Anlagen der romantisch gelegenen Bürgerwiese, auf dem Wege, den der Verewigte während langer Jahre zur Zeit seines Sommeraufenthalts in Zschärtnitz und Strehlen täglich zurücklegte, beabsichtigen seine dankbaren Verehrer ihm ein würdiges Denkmal mit seinem Relief-Portrait zu setzen. Manches ist zur Herbeischaffung der hierzu erforderlichen Mittel seitens der Dresdener Freunde und Sänger geschehen, allein es reicht bei Weitem nicht aus; darum auf, Ihr Alle, die Ihr diesseits und jenseits der Meere an den Liedern Julius Otto’s Euch erhebt und erfreut, die Ihr den hellen Edelstein seiner Kunst zu würdigen wißt, tragt Euer Scherflein, ob klein ob groß, rasch und freudig bei, damit bald, neben dem der Vollendung nahen Gustav-Nieritz-Denkmal, das Julius-Otto-Denkmal sich erhebe und Volksdichter und Volkssänger mit ihren zwar uns Lebenden bekannten freundlichen Gesichtszügen auch auf kommende Geschlechter herabblicken und sie mahnen: „Vergeßt der treuen Todten nicht!“
in: Die Gartenlaube, Heft 34, 1877
Volksmusik: Biographien