Des deutschen Volkes Liederschatz

Ein Rundfunkvortrag

Peter Panter (Kurt Tucholsky), (in: Die Weltbühne, 22.03.1927, Nr. 12, S. 465)

So zieht sich der Sangesfaden von Geschlecht zu Geschlecht, nimmer rastend, ewig blühend. Haben unsre Mütter und Urmütter noch gesungen:

Sone ganze kleine Frau
sone ganze kleine Frau –
sone ganze, ganze, ganze, ganze
ganze kleine Frau!

und:

Weißt du, Mutterl, was mir träumt hat?
I hab im Himmel die Engerln g’sehn …

so singen wir mit nicht minder herber Kraft:

Schatz, was ich von dir geträumt hab
hätt ich dir so gern erzählt

sowie:

Valencia –
Sieben, achte, neune, zehne
Bube, Dame, König, As –

und sind gewiß, dass unsre Altvordern, behaglich ihr himmlisches Pfeifchen schmauchend, voller Beifall auf Deutschland heruntersehen. Und darum benötigen wir eine Reichswehr, die uns stark, seetüchtig und schlagfertig erhält, wenn Hindenburg, oder wer sonst gerade da ist, uns einmal ruft.

Wir stehen am Ende.

Wir haben gesehen, wie das deutsche Lied und die deutsche Seele eines sind, und wie die deutsche Muse immerdar an der Spitze aller Musen marschiert. Möge sie vorne herum schwellen, hintenrum gedeihn und noch recht oft der unsterblichen Verszeile unsres großen Dichters, des Kalligraphielehrers Marcellus Schiffer, eingedenk sein:

Mir ist schon mies vor mir –!

In diesem Sinne auf Wiederhören in fünf Minuten zum Vortrag des Herrn Geheimrats Professor Doktor Fritz Haber, Mitglied der republikanischen Kaiser-Wilhelms-Akademie: ›Der Harn im Familienleben sowie die Konservierung älteren Büchsenfleisches.‹

Auf Wiederhören in fünnef Minuten –!

Peter Panter (Kurt Tucholsky), Die Weltbühne, 22.03.1927, Nr. 12, S. 465

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