Im Ganzen kann man drei oder vier größere Kolonien unterscheiden, die unabhängig von einander existieren. Ein Krankenwärter, Blohm, nicht zu verwechseln mit dem genannten Herrn Bohm, hat ebenfalls von der Stadt schon seit längerer Zeit ein Stück Feld gepachtet und es in gleicher Weise gegen eine mäßige Vergütigung anderen Obdachlosen überlassen. Er selbst wohnt bereits seit einigen Jahren sowohl im Sommer wie im Winter in einer von ihm errichteten und mit Rasen bedeckten Bretterhütte, so daß er als der eigentliche Gründer der Baracken angesehen werden kann. Wie der Präsident Schmidt übt auch er eine gewisse obrigkeitliche Macht aus. Wir hielten es daher für unsere Pflicht, Herrn Blohm unsere Aufwartung zu machen, und lernten in ihm einen verständigen und wohlwollenden Mann kennen, der uns bereitwillig auf seinem Gebiet umherführte und uns über Alles die gewünschte Auskunft gab.
Seine Kolonie gefiel uns noch weit besser, als die frühere Niederlassung, und die Bewohner derselben schienen uns noch solider und vornehmer, als das Volk des Herrn Schmidt. Wir besuchten hier einen geschickten Ciseleur, der im Freien Kapitäle aus Zink goß und uns recht gelungene Proben seiner Arbeit zeigte. Seine Hütte zeichnete sich vor Allem durch einen gewissen Luxus aus. Die Bretter waren mit Ölfarbe angestrichen, die Fenster von innen mit weißen Gardinen, von außen mit einer sogenannten Marquise versehen. An den Wänden waren künstlerische Verzierungen, Konsolen und Figuren angebracht. Rings herum zog sich ein nur kleiner, aber sorgfältig gepflegter Garten, mit frischen Pflanzen und mit einer Laube, worin eine freundliche Frau und ein niedliches Kind saßen. Das Ganze hatte einen idyllischen Anstrich und erinnerte keineswegs an Noth und Elend. Der nächste Ansiedler war ebenfalls ein Handwerker und zwar ein Stuccateur, der eben im Begriff stand, sein Haus aufzubauen. Zu diesem Ende wurden von ihm vier Pfähle in die Erde festgerammt, die Bretter darauf gelegt und angenagelt. Der Preis einer solchen Hütte variiert von fünfundzwanzig bis zu vierzig Thalern, je nach der Größe und Solidität. Der Bau selbst nimmt drei bis vier Tage in Anspruch. Der neue Ansiedler schien, nach seinem Hausrat zu urteilen, ein gut situierter Mann zu sein. Er besaß anständige Möbel, sogar Spiegel, Kommoden, eine Wanduhr, lackierte Wassereimer, einige Blumentöpfe, darunter junge Palmen, die den künftigen Garten zieren sollen. Seine Tochter, ein reizendes, schlank gewachsenes Mädchen von dreizehn Jahren, hatte ein feines, intelligentes Gesicht; sie war nett gekleidet und besuchte, wie sie uns sagte, die Töchterschule in der Köpniker Straße.
Volksmusik: Zeitgeschehen
Liederzeit: 1871-1918: Deutsches Kaiserreich
Schlagwort: Barackia
Siehe dazu auch:
- Betrifft „Hamburger Swing-Kreise“ (Edelweißpiraten)
- Das Attentat des Bürgermeisters Tschech vom 26. Juli 1844 ()
- Der alte Gewerkschafter Xaver – Anekdote (Weberlieder)
- Der Ruhrkampf 1920 (Lieder der Maerzrevolution 1920)
- Die hessischen Söldner bei Schiller (Auswandererlieder)
- Die toten Bergleute in Hausdorf in Schlesien (Bergmannslieder)
- Die Wacht am Rhein (Ernst Toller, 1914) ()
- Ein Fest für Robert Blum (1848) ()
- Ellis Island (Auswandererlieder)
- Erlebnisse von der Hausagitation (Allgemein)
- Fremde in Amerika (Auswandererlieder)
- Heckerlied ein Studentenlied – aus Heidelberg? (1962) ()