Ein Besuch in Barackia

Berliner Lebensbild

Max Ring (in: Die Gartenlaube, Heft 28, 1872)

In ihrer gegenwärtigen Gestalt bietet jedoch die Republik „Barackia“ ein höchst interessantes und keineswegs abschreckendes Schauspiel aus dem Berliner Leben. Wenn auch diese Ansiedlung ein trauriges Licht auf die socialen Uebelstände unserer Weltstadt wirft und gewissermaßen den glänzenden Aufschwung derselben in letzter Zeit grausam parodirt, so muß man dagegen den gesunden Sinn des Volkes, seine Leichtigkeit, sich in die schwierige Lage zu finden, seine Fähigkeit und das Verständniß für das große Princip einer wirksamen Selbsthülfe mit Recht anerkennen. Nichts destoweniger drängen sich dem Menschenfreund ernste Bedenken und Zweifel auf, ob die augenblicklich gehobene Stimmung andauern kann, ob überhaupt derartige Zustände sich mit unserer Civilisation, mit unseren Lebensgewohnheiten und Anschauungen auf die Länge der Zeit vertragen, wie dies unter ganz anderen Bedingungen in Amerika der Fall ist.

Schwerlich wird die junge Republik über den Sommer hinaus ihr Leben fristen, da bereits am 1. October der Contract der Stadt mit den beiden Pächtern abläuft, abgesehen davon, daß die Mehrzahl der Hütten nicht für die Aequinoctialstürme und die Winterkälte berechnet ist. Wir müssen daher mit Freuden die Nachricht begrüßen, daß unser Magistrat, wie wir erfahren, eine Commission ernannt hat, welche Vorschläge zur Abhülfe der Wohnungsnoth machen und für ein zweckmäßiges Asyl der obdachlosen Familien Sorge tragen soll.

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