Schule und Militär

Militärerziehung und Schulerziehung

Die Schulerziehung hat eine umfassendere und verwickeitere Aufgabe zu lösen, da sie neben Zucht und Gehorsam auch die Charakterbildung und die Erziehung zur Selbstverantwortlichkeit ausreichend berücksichtigen muß, was mit einem bloß äußerlichen Zwange schlechterdings nicht erreichbar ist. Eine Drill-Disziplin könnte wohl gefügige Untertanen eines Selbstherrschens schaffen – man erinnere sich an das 1838 gefallene Wort vom „beschränkten Untertanenverstande“ -, nicht aber selbständig denkende freie Bürger eines freien Staates, die berufen sind, an den sozialen Aufgaben der Zeit mitzuarbeiten.

Dazu reicht natürlich nicht aus, daß die Schule bloß ein bestimmtes Quantum Wissensstoff vermittelt; sie muß vielmehr die Charakterbildung in den Mittelpunkt ihrer gesamten Bestrebungen stellen. Denn nur gefestigte Charaktere sind fähig, an der Fortentwicklung eines freien Gemeinwesens mitzuhelfen. Es bedarf also bei der Schulerziehung einer allseitigen Individualisierung, die wiederum eine Disziplin zur Voraussetzung hat, in der Gehorsam und Selbständigkeit in harmonischer Weise zur Geltung kommen.

III. Militarismus in der Schule

Wenn trotz der hier kurz formulierten scharfen Grenzen zwischen der Militärerziehung und der Schulerziehung gar manches sich aus der Kaserne in die Schule verirrt hat, so ist das bei dem Ineinanderfließen der Militär- und der Zivilverhältnisse nicht allzu verwunderlich. Scheinen doch nicht wenige jüngere Lehrer ihren militärischen Reserverang fast höher zu schätzen als ihre berufliche Zivilstellung. So kommt es denn, daß manche von ihnen in ihrer Klasse sich als Offiziere vor der Truppe fühlen und demgemäß ihre Anordnungen treffen.

Das Aufstehen der Schüler beim Kommen und Gehen des Lehrers hat mit einem einzigen Ruck zu geschehen und muß „klappen“ wie ein Bataillonstritt bei der Parade. Im Gänsemarsch mit regelrechtem Soldatenschritt sollen sie in den Pausen das Zimmer verlassen und zwei zu zwei im Schulhofe ordnungsgemäß auf und ab marschieren. Köpfe und Schultern der Jungen müssen in der Klasse in militärischer Haltung scharf gerichtet sein, so daß das Auge des Schulbefehlshabers nach keiner Seite hin eine Abweichung zu sehen vermag. Hefte, Bücher, Federhalter usw. haben eine auf das genaueste angeordnete Lage einzunehmen.

Arme und Beine müssen in bestimmtem Winkel gestreckt sein usw. Und alle diese Befehle werden ganz kasernenmäßig in möglichst unpersönlicher, stereotyper Form alle Tage in dem gleichen scharfen Kommandotone wiederholt, der von irgendwelchen Gemütssaiten nichts durchklingen läßt. Es ist möglich, daß vereinzelte Schüler im Jüngern Alter an diesem militärischen Zu-schnitt – den ich, nebenbei bemerkt, ohne jede Obertreibung nach einem ganz konkreten Falle kopiert habe – sogar ein gewisses Gefallen finden, zumal im Zeitalter der Jugendwehren.

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