Werfen wir noch einen kritischen Blick auf den Text: Friedrich Wilhelm II regierte 1786-1797, konnte mit Recht als sieggekrönter König gepriesen werden, hatte er doch persönlich an den Feldzügen gegen Frankreich 1792-93 sich beteiligt und die Festung Mainz zur Übergabe gezwungen. Das preußische Heer hatte damals auch im offnen Feld im Treffen bei Piramesens 14. Sept. und bei Kaiserslautern 28.- 30. Sept. 93 glückliche Erfolge und Siege in den Niederlanden aufzuweisen. Die Worte „Liebling des Volks“ sind nicht ohne Grund gebraucht, denn der König war beliebt und wurde sogar von ausländischen Schriftstellern der Vielgeliebte( le bien-aimé) genannt.
Bemerkenswert dürfte es sein, dass in 2. Strophe dieses Königsliedes zum erstenmal in deutscher Dichtung die seit der französischen Revolution sich geltend gemachte Anschauung zum Ausdruck kommt, dass dem Fürsten gegenüber das Volk eine gewisse Bedeutung hat. „Nicht Roß und Reisige / sichern die steile Höh / Liebe des freien Manns / gründet den Herrscherthron“.
Man hat bis jetzt die erste Fassung von 1793 beibehalten, obgleich ein veralteter Ausdruck Handlung für Handel eine Besserung zugelassen hätte, auch in der Folgezeit dürfte ein in alle Schichten des Volks eingedrungenes Lied nicht abgeändert werden. Das Lied hat die Bedeutung eines Hymnus erlangt und wird gleich einem Gebet bei feierlichen Veranlassungen stehend gesungen oder angehört. Auch zur Ehrenbezeugung bei Empfang deutscher Fürsten im Auslande wird die altehrwürdige Weise durch Musikchöre intoniert.
Der ursprünglich bloß für Preußen bestimmte Text fand in andern deutschen Staaten entsprechende Umbildungen, davon einige folgen mögen.
(Schumacher, Balthasar Gerhard, geb. zu Kiel 1755, Dr. jur und Vikar des Hochstiftes in Lübeck, privatisierend seit 1800 in Berlin, gestorben nach 1801)
Lied-Geschichte: Heil dir im Siegerkranz
Volksmusik: Volkslieder
Liederzeit: 18. Jahrhundert: Volkstümliches Lied, 1871-1918: Deutsches Kaiserreich
Schlagwort: John Bull
Siehe dazu auch:
- Brief von Chemnitz an Straß ()
- Das Schleswiger Sängerfest vom August 1844 ()
- Der Nikolausabend – Der heilige Nikolaus und der Knecht Ruprecht ()
- Die Uhr von Loewe ()
- Eine Glosse über „Der Sänger hält im Felde die Fahnenwacht“ ()
- Hobelbank – Hochzeitsbrauch ()
- Negeraufstand – Das N-Wort im 19. Jahrhundert ()
- Reiters Morgengesang ()
- Schleswig-Holstein Meerumschlungen (Entstehung) ()
- Taktwechsel oder 5/4-Takt? ()