Kinderspiele auf dem Land (1848)
Wie man eine Volksliederjagd hält, so könnte man ja wohl auch eine Kinderspieljagd anstellen. Einige jener Spiele habe ich seitdem aus Anschauung kennen gelernt und habe etliche Male spielenden Kinderhaufen zugesehen, welche bei Nässe und Kälte, wo ich im Fußsack und Mantel fror, kümmerlich bekleidet, zum Teil bis an die Ohren, barfuß fröhlich petzaweyten und sich dabei mit Knütteln warfen, dass die Knochen nur so klapperten und dem Zuschauer angst und bange wurde. Von den Brettspielen und andern Unterhaltungen, durch welche man die Stadtjugend im Nachdenken üben will, wissen die Landkinder nichts. Sie brauchen eine harte Haut, harte Knochen, derbes Fleisch und eine Hirnschale, bei der das Kopfzerbrechen, nämlich das mechanische, nicht so leicht vorkommt.
Darauf hat die Mutter Natur auch schon die Kinderspiele eingerichtet. Nasse Füße, Winter und Sommerkleidung kennt das Völkchen nicht. Wer einen dicken warmen Rock, wohl gar einen Pelz hat, der trägt ihn auch im heißen Sommer, denn ein schlechtes Schaf, das seine Wolle nicht trägt, und wer nur ein leichtes Fähnchen hat, dem ist das auch im Winter genug. Wir wissen’s einmal nicht anders.
Nachschrift. Bei der unendlichen Erfindungskraft des Kindlichen Geistes; kommen übrigens auch immer neue Spiele hinzu: So hat neulich ein hiesiger Lehrer einen Haufen kleiner Knaben beobachtet; die alle an einem großen in ihrer Mitte stehenden Jungen zogen; zerrten; schoben u: s. w: Dabei rief das kleine Volk unaufhörlich: Herunter muss er. Was spielt ihr da? Wir spielen Revolution. Der große Junge sollte also eine gewisse hohe Person vorstellen, die man in die Debatte nicht hereinziehen darf, die kleinen aber waren Blousenmänner, die den hohen Herrn „von der Hitsche“ bringen, d. h. den großen Bengel in den Staub werfen wollten. Wie die Alten sungen, so zwitscherten die Jungen.
In Schulblatt für die Provinz Brandemburg, 1848
Dreizehnter Jahrgang, neuntes und zehntes Heft, September und Oktober, Berlin in Commission bei L Oemigke 1848. S. 526
Volksmusik: Volkslied-Forschung - Verschiedenes
Liederzeit: 1848-1849 Deutsche Revolution
Ort: Brandenburg
Siehe dazu auch:
- Aus dem Tagebuch des Varnhagen von Ense (1844) (Politische Lieder)
- Ausländer Menschen niederen Grades? ()
- Bedeutung des Spiels ()
- Betrifft „Hamburger Swing-Kreise“ (Edelweißpiraten)
- Das alte Volkslied von der Besiegung der Seeräuber Störtebeker und Gödeke Michael ()
- Das Attentat des Bürgermeisters Tschech vom 26. Juli 1844 ()
- Das Bebersche Lied von 1848 (Allgemein)
- Das Lied vom treuen Robert Blum 1849 ()
- Das Ottolied ()
- Denkst du daran mein tapferer Lagienka (Hintergrund) ()
- Der alte Gewerkschafter Xaver – Anekdote (Weberlieder)
- Der Auszug nach Weiler (1848) ()