Steinitz VIII: Zur Anlage des Werkes
Wolfgang Steinitz (in: Deutsche Volkslieder demokratischen Charakters aus sechs Jahrhunderten, Band I, 1954, Seite XXII f)
Viele der hier gebrachten Lieder werden freilich heute nicht mehr sangbar sein; auf sie treffen Fr. Engels‘ oben angeführte Worte über „die Poesie vergangener Revolutionen“ voll zu. Aber abgesehen davon, daß diese Lieder für das richtige Verständnis des Volks-
liedes von größter Bedeutung sind, können sie auch für unsere Schriftsteller und insbesondere für unsere Laienspielgruppen ein reiche Material zur dokumentarischen und realistischen Charakterisierung des Lebens der unterdrückten Bauern, Handwerker,
Arbeiter und Soldaten des 16.-19. Jhs. geben. Werktätige Bauern und Landarbeiter werden sich an diesen Liedern und Sprüchen besser der Rolle bewußt werden, die ihre Vorfahren in der Feudal- und Junkerzeit gespielt haben – sowohl ihrer unterdrückten Lage wie ihres zähen Widerstandes. Die Lieder, insbesondere die Vierzeiler und andere kurze Formen, können aber auch für das neue Schaffen manche Anregungen geben.
Dieses Werk hätte ich nicht durchführen können, wenn ich nicht von allen Seiten in der bereitwilligsten Weise unterstützt worden wäre. Mein Dank gilt an erster Stelle dem unvergeßlichen John Meier, der mir die Schätze des Deutschen Volksliedarchivs
in Freiburg i. Br. in großzügiger Weise für meine Arbeit zur Verfügung stellte. Nachdem ich im Mai 1952 eine intensive Arbeitswoche im Archiv selbst verbracht und mir dabei die für meine Zwecke in Frage kommenden Fassungen mit ihren Nummern notiert hatte,
konnte ich dann die für diese Publikation notwendigen Lieder in Abschriften erhalten sowie die Hälfte von Erks Nachlaß in Photokopien in Berlin benutzen. Ohne das Material des Deutschen Volksliedarchivs, das für manche, bisher nur in einigen Publikationen vertretene demokratische Lieder von 30 bis über 100 Fassungen bot, hätte ich die von mir vermutete weite Volkläufigkeit dieser Lieder nicht in dieser Weise dokumentarisch und damit erst voll überzeugend nachweisen können; auf mehrere Lieder stieß ich das erste Mal im Deutschen Volksliedarchiv. Die Skizzen zur Geschichte der Lieder wären ohne dieses Material nicht möglich gewesen oder dürftig geworden.
John Meier begleitete meine Arbeit, zu deren Thematik er in seinen Werken mehrere wichtige Beiträge geliefert hat, mit seinem Interesse und seiner Unterstützung, sowohl während meines Aufenthaltes in Freiburg wie auch bei meinen zahlreichen Anfragen an
ılmı Institut, die er stets persönlich und ohne Verzögerung beantwortete. Als ich mich mit gefüllten Arbeitsheften und aufrichtigem Dank am 17.Mai 1952 von ihm verabschiedete, sagte er lächelnd: „Nun nehmen Sie uns alle demokratischen Lieder mit“ Daß
Ich lhm diese Veröffentlichung nicht mehr vorlegen durfte, ist mir besonders schmerzlich.
Volksmusik: Steinitz Volkslieder
Liederzeit: 1945-1989 Deutschland Ost
Siehe dazu auch:
- Einleitung: Demokratische Volkslieder ()
- Steinitz II: Demokratische Volkslieder ()
- Steinitz III: Volkslieder und Zensur ()
- Steinitz IV: Was ist ein Volkslied? ()
- Steinitz V: Die Volksliedforschung ()
- Steinitz VI: Das Volkslied im Kaiserreich ()
- Steinitz VII: Das andere Volkslied ()
- Steinitz XI: Work in Progress ()