Taktwechsel oder 5/4-Takt?
Zur Notation von "Prinz Eugen"
In meinem „Liederhort“ habe ich mir zur Aufgabe gestellt, die Melodien genau so aufzuzeichnen, wie sie gegenwärtig noch im Munde des Volks leben. Meine Autorität ist somit das Volk und nicht die Aufzeichnung aus irgend einer „musicalischen Rüstkammer“ (deren Werth ich in gewisser Hinsicht nicht gerade verachten und schmälern will); und sollte es etwa, mit Bezug auf vorliegenden Fall, für nöthig erachtet werden, für die Richtigkeit meiner Aufzeichnung im „Liederhort“ noch eine weitere Gewähr zu geben: so dürften sich aus der k. preuß. Armee wol leicht und ohne große Mühe 100,000 Gewährs- oder Gewehrsmänner herausfinden lassen, die mir meinen „Malakoffthurm“ wol nicht preisgeben würden.
Um übrigens den Ausspruch des Herrn B., daß sich der „eigentliche Naturgesang stets (nur) in dem geraden oder ungeraden Takt, nie(!) aber in einem solchen, der gleich dem benannten (5/4-Takt), nicht leicht aufzufassen wäre (?) etc. da die Menge der leichten Taktglieder (Takttheile?) das erste und schwere Takttheil (nimmt denn Herr B. gar keine Mittelzeit an?) vergessen lassen.“ – um diesen Ausspruch, sage ich, zu entkräften, wird es wol nur eines flüchtigen Blicks in unsere bessern Volksliedersammlungen, aber keiner Bombe bedürfen, und sei hiermit also das Pulver bis auf Weiteres verspart!
Bemerkenswerth ist auch noch die Thatsache, wie sehr sich selbst namhafte Musiker an dieser Melodie abgequält haben, um den einfachen Gesang in – Noten einfach und natürlich wiederzugeben. In den meisten Liedersammlungen findet sich der „edle Ritter“ in der Regel nur als „Ritter von der traurigen Gestalt“ auf- und eingezeichnet und kommen einem die Aufzeichnungen vor, wie wenn sie den eben aus dem Türkenkrieg wiederkehrenden „Eugenius“ halb aufgespießt zurückbrächten.
Wegen des richtigen Unterlegens des Textes unter die Noten, gegen das sogar ein Silcher (Volksl. H. 1, Nr. 11.) vielfach verstoßen, verweise ich auf meine „Volksklänge. 4. Lief. Berlin, 1854.“ Nr. 64.“
(in Deutscher Liederhort, 1856, S. 385f)
Franz Magnus Böhme ergänzt
nach Erk’s Tod im zweiten Band des Liederhorts:
Über die Taktierung dieser Melodie, die vom Volksmund entschieden mit Taktwechsel gesungen, hatte sich zwischen Erk und C. F. Becker eine kleine Fehde entwickelt. Erk hat bis an sein Ende die Meinung verfochten, dass hier der regelmäßig fortgeführte 5/4 Takt vorliege und beruft sich auf C. Klein, der diese Melodie als Beispiel einer gemischten Taktart vorführte. Becker dagegen bezeichnete die Notation im 5/4 als Korrumpierung und lahm. Gegen diesen Tadel verteidigt sich Erl (Liederh. S. 385— 386) mit allem Recht, indem er sich auf Volksmund beruft, und sagt, es komme durch den 5/4 Takt eine gewaltige Frische in die Melodie, während das angebliche Original mit seinem gleichmäßigen 3/4 Takt schleppend einhergehe, —
Lied-Geschichte: Prinz Eugen
Volksmusik: Volkslieder
Liederzeit: 19. Jahrhundert: Volkslieder
Siehe dazu auch:
- Brief von Chemnitz an Straß ()
- Das Schleswiger Sängerfest vom August 1844 ()
- Der Nikolausabend – Der heilige Nikolaus und der Knecht Ruprecht ()
- Die Uhr von Loewe ()
- Eine Glosse über „Der Sänger hält im Felde die Fahnenwacht“ ()
- Hobelbank – Hochzeitsbrauch ()
- Kaiserhymne ()
- Negeraufstand – Das N-Wort im 19. Jahrhundert ()
- Reiters Morgengesang ()
- Schleswig-Holstein Meerumschlungen (Entstehung) ()