Taktwechsel oder 5/4-Takt?
Zur Notation von "Prinz Eugen"
Auch Dr. Fr. Silcher zieht gegen Erk zu Felde. Er schreibt im Vorwort zur 4. Auflage seiner Volkslieder für Männerstimmen (um 1860) wie folgt:
„Es versteht sich von selbst, dass die Takteinrichtung dieser Melodie auf verschiedene Weise geschehen kann, nur nicht im 5/4 Takt, wie ihn der Liederhort bringt, wo nicht nur die Auftakte innerhalb der Strophe 4 mal auf den Niederschlag fallen, sondern auch insbesondere die Auftakte des Strophenanfangs (wegen des letzten vollen Taktes der Melodie) eigentlich außerhalb der letzteren liegen, ein Irrtum, den die Fermate auf der letzten Note wieder zu bessern nicht geeignet ist.“ —
Silcher hat dort eine andere, unzweifelhaft musikalisch bessere Taktierung vorgeschlagen, die seit 1860 auch durch sein Allgemeines deutsches Kommersbuch sehr verbreitet ist. Ihr gleich kommen noch andere mir vorliegende Notationen aus Volksmund, durch musikalische Männer niedergeschrieben.
Ich habe hier Erk’s Taktierung vorangestellt, weil sie durch seine vielen Schulliederhefte weit verbreitet und auch im Preußischen Soldatenliederbuch 1881 aufgenommen ist, halte aber die da nebenstehende Silcher’sche für richtiger. —
Das sogenannte Original findet sich in einer Handschriftlichen Sammlung, betitelt: Musikalische Rüstkammer auff die Harfe, aus allerhand schönen und lustigen Arien, Menuetten, Sarabanden etc bestehend.“ 1719, S. 141. Mitgeteilt zuerst durch E. F. Becker in der „Allgem. musikal. Ztg. 1864, S. 54S, sowie in dessen Liedern und Weisen, Leipzig 1849, I, S. 54. —
Lehrreich ist ein Vergleich dieser ältesten Notation mit der späteren aus Volksmunde. Wir ersehen daraus: wie der Taktwechsel (nach Erl der 5/4 Takt) im Volksgesange durch Nichttakthalten entsteht : Leidenschaftliches Drängen oder Zögern führt zum Wechsel zwischen 3/4 und 2/4 Takt. Die mit * bezeichneten Noten wurden vom Volkssängcr beschleunigt d. h. doppelt rasch gesungen, und dadurch ist die Melodie in die gemischte Taktart geraten. Solche scheinbare Verwilderung bringt aber im Volks- wie im Kunstgesange oft gute Wirkung hervor. —
Über das Alter der Melodie ist nicht nachzukommen. Nach Erk’s Vermutung ist sie wahrscheinlich schon zu dem Liede von 1683 „Als Chursachsen das vernommen“ (s. oben Nr. 321) gesungen und wäre also nicht erst für das Prinz-Eugeniuslied erfunden worden.
Lied-Geschichte: Prinz Eugen
Volksmusik: Volkslieder
Liederzeit: 19. Jahrhundert: Volkslieder
Siehe dazu auch:
- Brief von Chemnitz an Straß ()
- Das Schleswiger Sängerfest vom August 1844 ()
- Der Nikolausabend – Der heilige Nikolaus und der Knecht Ruprecht ()
- Die Uhr von Loewe ()
- Eine Glosse über „Der Sänger hält im Felde die Fahnenwacht“ ()
- Hobelbank – Hochzeitsbrauch ()
- Kaiserhymne ()
- Negeraufstand – Das N-Wort im 19. Jahrhundert ()
- Reiters Morgengesang ()
- Schleswig-Holstein Meerumschlungen (Entstehung) ()