Volkslieder und Volksreime aus Westpreußen (Vorwort)
Alexander Treichel (in: Volkslieder und Volksreime aus Westpreußen)
Mit vielem Danke gedenke ich der Herren, welche mir gerade bei letztgenannten Abteilungen mit mannigfachen Beiträgen zur Seite standen, wie des Gymnasialoberlehrers Keup in Berent für die Abzählreime, des Rektors Fleischer in Mohrungen, sowie des Gymnasialdirektors Dr. Stuhrmann (Nössel) in Deutsch-Krone für ostpreußischen Closs aus ihrer Heimath. Wo hier ferner Grund vorhanden war, auf Stücke in polnischer Sprache hinzuweisen, da habe ich es nicht unterlassen. Ganz neue Felder aus diesem Gebiete sind die Stammbuchverse und die gereimten Redensarten beim Kartenspiele.
Erstere gelten zumeist für das sog. Album des Schülers, falls darin nicht Abschreibungen aus der großen Zahl unserer Classiker stattfanden, und mußte dabei mein eigenes Album aus den Jahren um 1850 stark herhalten. Reichen die Kartenreime zumeist auch in eine höhere Klasse des Volkes hinein, so durften sie doch nicht
übergangen werden, weil man sie gegebenen Falles wohl jedesmal beim Spiele weislich angebracht hört.
In dieser Sammlung wäre allerdings noch manches Andere unterzubringen gewesen, was wenigstens die Reimform hat.
Ich halte dafür, daß irgend eine einer darstellbaren Sache angepaßte Aeußerung dann erst recht für eine echt volksthümliche zu betrachten sei, wenn sie die so leicht findbare Form des Reimes hat. Wenn ich
solche Stücke hier auch bei Seite lasse, so möchte ich doch, wenn auch die Belege dazu meist in meinen eigenen Arbeiten einschlägiger Art vorkommen, hier nur kurz verweisen auf die landwirthschaftlichen Bauern- und Wetterregeln, auf die volksthümlichen Räthsel, auf die Reimereien des Aberglaubens, die Segens-und Besprechungsformeln, die für die Zeiten der Pest und anderer epidemischer Krankheiten üblichen Verschen, die Reime aus Pflanzen- und Tierwelt, sowie das „Reim-dich“ aus Handwerksansprachen.
Auch in noch anderen Aeußerungen des volksthümlichen Lebens dürfte der Reim in irgend einer Beziehung niemals ganz fehlen, wenn nicht als solcher schon vorhanden und von Mann zu Kind oder von Weiler zu Gau durch Hörensagen und nach jeweiligem Gefallen weiter verbreitet, so doch selbst in der Neuzeit geboren und auch im Stande, immer von Neuem geboren zu werden, wie es des Volkes Art und Weise einmal mit sich bringt, eine Parthenogenesis.
Hinsichtlich der drei letzteren Haupttheile bringe ich, damit es für sich spreche, nur statistisches Material herbei. Die Kinderliedchen enthalten in acht Gruppen 87, die Abzählreime für sich 80, endlich die Liedbruchstücke und Reime in weiteren eilf Gruppen, welche die Zahl 120 erreichen, 325 Kleinstücke. Das wären im Ganzen 492, mit den Nachträgen zusammen 509 Stücke, deren Zahl ich deshalb besonders anführe, weil aus ihrem sehr verschiedenen Inhalte die Schwierigkeit einer überall richtig geordneten Eintheilung zu ermessen ist, und ein Fehlen darin wohl zu verzeihen wäre.
Volksmusik: Volksliedbücher
Siehe dazu auch:
- Allgemeines Schweizer Liederbuch (Vorwort, 1828) ()
- Allgemeines Schweizer Liederbuch (Vorwort, 1833) ()
- Als der Großvater die Großmutter nahm (Auflage 1922) ()
- Die Bedeutung des Liedes für die Auswanderung (Auswandererlieder)
- Einleitung: Demokratische Volkslieder ()
- Geschichtliche Entwicklung der Heimathymnen ()
- Kinderlieder ()
- Ministerium stoppt Bundeswehr-Liederbuch ()
- Mitteilung über das niederdeutsche Volkslied „Burlala“ (=Peterlein) ()
- Neue Soldaten- und Marschlieder (1916) (Allgemein)
- Schlesische Volkslieder (1842): Vorwort ()
- Schlesische Volkslieder: Vorwort von Ernst Richter ()