Vorwort zu „Deutsche Weihnachtslieder“ (Simrock)

Karl Simrock (in: „Deutsche Weihnachtslieder“ (Eine Festgabe))

Dass in der ersten Zeile ein Reis, nicht ein Ros zu lesen ist, ergibt sich aus dem Sinne, wie es auch das folgende Lied, das ich deshalb eingeschoben habe, bestätigt, denn hier ist Maria das Zweiglein, Christus die Rose. Überdies bezeugt Hofmann, dass diese Lesart bei Corner 1658 in Übereinstimmung mit Jesajas, 11, 1, 2 wirklich begegnet. Vgl. Ph. Wackernagel S. 869. Ich will nicht verschweigen, dass S. 59 unter der Rose die Jungfrau verstanden ist. Auch das folgende gleichfalls eine Übersicht bietende Lied erscheint meistens mit viel geringerer Strophenzahl; aber hier ist dann die Abkürzung unzweifelhaft.

Zum Verständnis des nun folgenden Liedes S. 54 muss man wissen, dass es sich an die alte mythologische Darstellung anschließt, dass die Kinder zu Schiffe kommen, wie sie sonst vom Storch gebracht werden.
In den nächsten Liedern steigert sich die Freude über die trostreiche Geburt des Heilands allmählich bis zum Preisgesang, ja zuletzt bricht sie in lautschallenden Jubel aus. Zu diesem Zwecke bedienen sich die Lieder aller Mittel, welche Musik und Verskunst nur zu Gebote stellen, die letztere greift besonders gerne zum Refrain und zur Einschiebung lateinischer Zeilen, die dann in Überarbeitungen wohl auch wieder übersetzt werden.

Die Lieder, in welchen deutsche und lateinische Zeilen wechseln, pflegt man Glossenlieder zu nennen, von welchen uns Hofmann eine eigene Sammlung geschenkt hat. Den schon besprochenen Kindelwiegeliedern stehen zwei Gespräche zwischen Joseph und Maria voran, welche sich aus jenem beim Kindelwiegen gesungenen ältesten Liede s. o. S. XX, entwickelt haben. Dem zweiten findet man gewöhnlich eine Reihe schlechterer Strophen vorausgeschickt. Endlich den Sterndreheliedern sind einige andere von umherziehenden Männern oder Frauen gesungene auf die Weihnachtszeit bezügliche Lieder angehängt, welche den Schluss der ersten Abteilung bilden. Die Lieder der beiden andern Abteilungen stehen unsern Sitten und Anschauungen näher und bedürfen keiner Erläuterung. Der Unterschied zwischen Advent- und eigentlichen Weihnachtsliedern verleugnet sich auch hier nicht.

Die dritte würde mit einer einzelnen Strophe Spervogels aus der andern Hälfte des zwölften Jahrhunderts anheben müssen; ich ziehe aber vor, sie hierher zu setzen:

Er ist gewaltig und stark,
Der Weihnacht geboren ward:
Das ist der heilige Christ.
Ihn lobet Alles was da ist
Bis auf den Teufel alleine.
Um seinen großen Übermut
ward ihm die finstre Hölle zu Teile.

Siehe dazu auch:

Volksmusik nach Themen

Jazz in Deutschland - Kriegserziehung im Kaiserreich - Kriegslieder - Lied und Erster Weltkrieg - Linktipps - Neuigkeiten - Volkslied-Forschung - Verschiedenes - Volksliedbücher - Volkslieder - Volksmusik Praxis -