Wir wollen mit Pfaff und Adel raufen

Musikalische Blasphemien aus sieben Jahrhunderten

Der Papst lebt herrlich in der Welt,
Es fehlt ihm nie an Ablassgeld.
Doch nein, er ist ein armer Wicht,
Ein holdes Mädchen küsst ihn nicht.
Der Sultan lebt in Saus und Braus,
Er wohnt in einem Freudenhaus.
Doch trinkt er keinen Tropfen Wein
Drum möcht‘ ich auch nicht Sultan sein.
Doch das geh ich mit Freuden ein:
Halb Sultan und halb Papst zu sein,
Drum, Mädchen, gib mir einen Kuss,
Denn jetzt bin ich dein Sultanus,
Ihr trauten Brüder, schenket ein,
Damit ich auch der Papst kann sein.

Christian Ludwig Noack (1767-1821) war Theologe und Lehrer.

Mitte der 1970er Jahren fuhren Konzertbesucher auf anzügliche, derbe und zotige Volkslieder ab. Aber kommentarlos zwischen anderer Volksmusik gesungen, wie von Zupfgeigenhansel im Süddeutschen Rundfunk, kam es zu Protesten. Der verantwortliche Redakteur musste den Nachweis erbringen, dass es sich um ein traditionelles Lied handelt.

Alle diese reichen Einkünfte reichten nicht hin, die Bedürfnisse des Papstes Leo X. (1513-1521) zu befriedigen. Seine Kinder, Verwandten, Possenreißer, Komödianten, Musiker wie seine Liebhaberei für die Künste verschlangen unermeßliche Summen, und der üppige Heilige Vater geriet in große Verlegenheit. Der Papst erließ also eine Bulle, worin allen, welche durch Geldbeträge den Bau der Peterskirche befördern würden, Ablaß verkündigt würde. Eltern- und Geschwistermord, Blutschande, Kindermord, Fruchtabtreibung, Ehebruch aller Art, die unnatürlichste Wollust, Meineid – alles fand hier seinen Preis. Die schamloseste und frechste Nichtswürdigkeit enthält aber der Schluß dieser Taxe; er lautet: Dergleichen Gnaden können Arme nicht teilhaftig werden, denn sie haben kein Geld, also müssen sie des Trostes entbehren!

Der Dominikanermönch Johann Tetzel führte einen eisernen, mit dem Wappen des Papstes verzierten Kasten mit sich herum und zog von Markt zu Markt, indem er sang: Sowie das Geld im Kasten klingt, die Seele aus dem Fegefeuer springt! Er rühmte von sich, daß er durch den Ablaß mehr Seelen aus der Hölle errettet habe, als von dem Apostel Petrus durch die Predigt des Evangeliums Heiden bekehrt worden waren. Er könnte nicht allein begangene Sünden vergeben, sondern auch solche, die man erst begehen wolle, und die Kraft seines Ablasses sei so groß, daß es keine Sünde gebe, welche durch denselben nicht gesühnt werden könne; ja, wenn jemand die Mutter Gottes genotzüchtigt und geschwängert habe – durch seinen Ablaß könne derselbe von der dadurch verwirkten Strafe befreit werden.

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