Die verräterischen Weiberohren


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Zu der Zeit war in dem Sotzer Herzogtum ein Weib, dieselbe hatte einen Stiefsohn, mit Namen Straba. Als derselbe auch in den Streit ziehen sollte, rufte sie ihn beiseits und redete mit ihm heimlich also: »Straba, mein lieber Sohn, wiewohl den Stiefmüttern nicht angeboren, daß sie den Stiefkindern Gutes tun, aber dieweil ich meinen frommen Mann, deinen Vater, im Gedächtniß habe, so will ich dir diese Warnung geben.

Wirst du nun meinem Rathe folgen, so bleibst du gewißlich beim Leben und kommst in diesem Streit nicht um. Ich sage dir vertraulich, daß die Prager den Sieg erlangen werden und die Unseren werden allesamt ermordet, es käme denn jemand Geringes davon. Deswegen, welchen du in diesem Streit zum ersten antreffen wirst, so gib ihm mit deinem Schwerte einen starken Schlag oder Stich. Alsdann wird er vom Rosse fallen, spring du auch behende hinunter, schneide ihm beide Ohren ab und stecke sie in deine Tasche.

Mache nachmals mit deinem Schwerte, vor deines Rosses vorderen Füßen, ein Kreuz, sitze behend wieder auf, eile davon und siehe dich nicht um, obgleich noch ein größer Getümmel hinter dir wäre. Also wirst du, wenn die andern fast alle erschlagen sind, mit Not davon kommen; denn die Götter, so euch hingeleiten, werden sich im Streite von euch zu euren Feinden wenden.« Straba, als einer, der da wohl wußte, daß seine Stiefmutter allerlei Zauberei voll war, sagte zu: er wolle ihrem Rate folgen.

Neklan, der Herzog zu Prag, der, wie oben gemeldet, übermäßig verzagte Herr, berief den Stier von Cheinow, einen sehr beherzten und kriegeserfahrnen Mann und vertrauete ihm heimlicher Weise seines Herzens Blödigkeit und bat ihn, er sollte seinen blanken Harnisch anlegen und an seiner statt des Volkes Führer sein.

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